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Emmelie Prophète

Das Testament der Einsamen

»Durch diesen Text von Emmelie Prophète sollten sich all jene bestätigt fühlen, die noch an das Besondere des literarischen Textes glauben, an das, was er zu sagen hat, und an seine Zukunft in Haiti.« Huges St-Fort, Le Nouvelliste

Inhalt

Drei Generationen von Frauen leiden still und allein, Zeugnisse von Menschen, für die Hoffnung und Glück Fremdwörter sind. Ein poetischer Text über die Einsamkeit und das Exil, Niederschlag des Lebensgefühls eines Landes, »das seit jeher in der karibischen See und im Elend versinkt.«

Ausgezeichnet mit dem Grand prix littéraire Caraïbe der ADELF (Association des Écrivains de Langue Française) 2009.

Autorenportrait

Emmelie Prophète, geboren am 15. Juni 1971, studierte Jura und Literaturwissenschaften in ihrer Geburtsstadt Port-­­au-Prince. Sie leitete acht Jahre lang eine Jazzsendung bei Radio-Haïti, war im Lehramt sowie als haitianischer Kulturattaché in Genf tätig und schrieb für verschiedene Zeitschriften.

Als Schriftstellerin machte sie zunächst durch die Lyrikbände Des marges à remplir (2000) und Sur parure d’ombre (2004) auf sich aufmerksam.

Das Testament der Einsamen ist ihr erster Roman.

Leseprobe

Das Land hier scheint grenzenlos zu sein. Das Leben hat sich zusammengekauert, ist in sich versunken. Von hier aus gesehen erscheint die Welt zugleich riesig und klein. All dies Grün, diese Sümpfe sind seit eh und je imaginäre Gitter.

Man erzählt sich, der Krieg sei zu Ende. Sie hatten nichts gehört, nichts von diesem­ Krieg verstanden. Nazis und Alliierte bedeuteten für sie nichts. Die Welt hielt nur mühe­voll mit der blauen Provinz Kontakt, die in einem Land versteckt war, welches seit jeher in der karibischen See und im Elend versinkt. Es war eine Welt weit weg von der Welt, eine Welt, die man verlassen musste, um zu leben.

Drei Mädchen waren hier geboren, als es weder gut war, hier, noch als Frau zur Welt zu kommen. Zwischen toten Feldern und traurigen Flüssen war der einzige Traum, den sie geerbt hatten, der zu gehen. Dieses stille, schlammige Erde weit hinter sich zu lassen. Die Straße, die zur Schule führte, war sehr lang. Sie hielten es nicht für notwendig, dort jeden Morgen früh hinzugehen, noch halb im Schlaf, mit leerem Magen, um zu spät wiederzukommen, zu müde, um sich an die Frondienste zu machen, die den Mädchen vorbehalten waren.

Es ist eine Geschichte, die man mir dutzende Male erzählt hat, der ich nicht aufmerksam zuzuhören meinte, die sich jedoch in meinen Gedanken niederließ, schwer und süß, wie es nur ein mütterliches Erbe kann.

Ich stelle mir meine Mutter und ihre beiden Schwestern vor, wie sie die Blicke auf diese­ unendliche Straße richten, die zur Stadt führt, die Stadt mit tausend Gesichtern, mit tausend Chancen, mit tausend neuen Morgen. Würde der Kaffee anders schmecken?, fragten sie sich, wenn die Lampe erloschen war. Mit offenen Augen lauschten sie der Musik der Insekten, die in der Nacht zu Tausenden unterwegs waren, Komplizen ihrer Wünsche und ihrer Aufbruchspläne.

Die Geschichte ist ungenau oder fast unbekannt. Versatzstücke aus Ungewissheit, in unleserlichen Heften aufbewahrte Zeit. Es soll weder Erinnerung noch Testament geben.

Drei Frauen, bereit zu gehen, sich in die Gewalt der Stadt zu werfen, in den Geruch der Männer. Immer ein neues entlegenes Glück, mit dem Rücken zur verrinnenden Zeit. Drei verlorene Seelen, überzeugt, diesem weit weg gelegenen Land nur durch einen unglücklichen Zufall anzugehören. Schwestern mit der gleichen Erinnerung, dem gleichen Verlangen, dem gleichen Schicksal.

Pressestimmen

Bayerischer Rundfunk, Cornelia Zetzsche

Eine Frau sucht ihre Geschichte in Haiti. […]. Die Recherche der Erzählerin wird eine »Reise der letzten Male. Letzter Bus, letztes Kleid, letzte Tränen, Letztes-Mal-Gesichter«, immer auf der »Fährte nach alten Liebesgeschichten, irrtümlich versendeten Liebesbriefen, einzigartigen, würdevollen Dramen«. So poetisch wie diese Reise-Impressionen ist die ganze autobiographisch grundierte Geschichte einer jungen Frau, die sich wie im Traum durch eine reale Kulisse bewegt.

Emmelie Prophète, 1971 auf Haiti geboren, ist eigentlich Dichterin. […] Das Testament der Einsamen, ihr erster Prosaband, erzählt die Recherche und Spurensuche keineswegs chronologisch, sondern fragmentarisch wie die Erinnerung und sprunghaft wie das Leben selbst. Im Hintergrund der Familie entsteht das Bild von Haiti, dem Land, das jeder nur verlassen möchte; einer Insel der Armut und der Katastrophen, ohne Hoffnung, ohne Morgen. Aber mit dem poetischen Ton bekommt die Gewalt eine andere Farbe.

Auszug aus: Bayerischer Rundfunk, Cornelia Zetzsche

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